diewoelfe am 12. Februar 18
Ein Sonntagabend... wie herzig!
Hei hei mein liebes Rudel!
Natürlich könnte ich nun über mein vergangenes Jahr elaborieren, in dem ich doch so einiges Land besuchen durfte, allerdings will ich euch lieber von einer meiner größten Schwächen erzählen: Das Herzkino von ZDF. Sonntagabend findet man mich, wenn ich in der Nähe eines tatsächlichen Fernsehers bin, auf der Couch (oder sowas ähnlichem) und das ZDF Sonntagabendprogramm läuft.
Gestern handelte es sich dabei um einen Streifen basierend auf einer Geschichte von "Inga Lindström". Bedeutet es liefen viel zu bunt gekleidete, relativ schlechte Schauspieler in einem Dauer-sonnenbeschienenen, schwedischen Nirgendwo und versuchten eine Geschichte, die an Familienfehden a la Romeo und Julia bzw. die Westsidestory erinnern sollte.
Alles schön und gut. Im ersten Moment einfach nur eine Schnulze für ältere Damen, die ein Hintergrundgeräusch während des Strickens benötigen. Ich gestehe, das ist auch für mich ein Grund, weshalb ich diese Sendung anschalte. Tatsächlich bin ich zu faul, mir was auf Netflix herauszusuchen, Krimis finde ich zu nervig und Werbung bereitet mir Kopfschmerzen. Inga Lindströms Geschichte ist zudem noch ganz nett anzuschauen und hervorragend, um sich davon zu träumen. Es wäre natürlich schön, wenn immer nur Sommer wäre und man immer die perfekte Frisur hätte, wie die Hauptdarstellerin.
Setzt man sich jedoch einmal intensiver mit dem Stoff auseinander, könnte man einige Thematiken durchaus erkennen, die mit besseren Schauspielern, komplexeren Charakteren und vielleicht auch mal einer Wolke am Himmel (oder sogar Schnee?!) ebenso ansprechend, seicht, aber etwas ernsthafter vermittelt werden könnte.
Feminismus. Die sonntägliche Geschichte zeigt starke weibliche Charaktere, die einem matriachalen Familie, in der Väter und Männer ausschließlich die Rolle des Produzenten zugewiesen bekommen. Alternativ werden Männer als Sexobjekt degradiert. Diese Gruppe sieht sich als feministisch an und wird auch so von den anderen Charakteren der Gemeinde so angesprochen. Dem gegenüber steht der Männerclan, der das Ganze mit patriarchalischen Rollen spigelt. Alles herrlich überdreht und förmlich eine Parodie auf den Feminismus. Nun wäre es interessant, wenn wir die Gründe für diese Ablehnung des jeweils anderen Geschlechts erfahren würden. Erklärungen, welchen Verzicht diese Haltung bedeutet. Dies wird sogar versucht, allerdings nicht stringend durchgezogen. Überlagert wird diese Storyline jedoch vom draufgeklatschten Kitsch.
Wirren moderner Familienformen. Moderne Familienformen, die durch aktuelle Scheidungs- und Trennungsraten bedingt werden, führen zu zerrissenen Familien, Kindern, die sich entscheiden zwischen Elternteilen müssen, und unter Umständen zu Veränderungen im Verhalten der Kinder führen können. Ich bin Laie. Da gibts bestimmt einige nette Bezeichnungen und Studien zu. Aus dem Thema ist deutlich mehr Herauszuholen, als "auch wenn deine Mutter und ich nicht mehr zusammen leben können, du wirst nicht weniger geliebt".
Diese verkitschte Verkürzung interessanter, lebensnaher Thematiken überlagert nun eine differenzierte Darstellung matriachaler Familienstrukturen, die realitätsnah gestaltet werden könnte.
Mehrere Generationen und moderne Familienzusammenhalte gegenüber immer stärker individualisierter nach singulärem Erfolg strebender Lebensentwürfe... Auch solche Geschichten wären seicht für strickende Mitt-Sechziger aufbereitbar und das muss nicht deutlich mehr kosten.
Romantische Filme müssen auch nicht immer die Liebe von einer auf die nächste Minute zeigen. Wer verliebt sich denn schon ernsthaft von Knall auf Fall? Kann auch mal das Hin und Her gezeigt werden? Liebe dauert. Liebe kann weh tun. Das Ende von Liebe kann sich hinziehen. Es ist eine Entwicklung. Interessant wäre vielleicht auch mal ein Mehrteiler, der verschiedene Phasen von Liebe darstellt. Oder unterschiedliche Typen von Liebe im Laufe eines Lebens. Bitte weniger Kitsch! Schon mal Once gesehen? Der hat so viel Herzenswärme. Der Film berührt. Das wollen wir. Unterhalten werden, schöne Bilder, nette Musik und dabei den Pulli stricken können.
Bis das ZDF mal bemerkt, dass auch wir strickenden Mitt-Zwanziger, die keine Lust auf Morde oder die 50. Wiederholung von Big Bang Theory haben, gern GUTE Unterhaltung erleben wollen. Mal sehen, wann die das merken. Bis dahin werde ich noch viel zu viel Geld für die GEZ rausschmeißen müssen. Schade.
Ich werde trotzdem weiter die Filme aus "Schweden" sehen und mich darüber kaputt lachen, dass die Klischees dominieren...
Das sind nur einige abendliche post-Praktikums Gedanken. Nun mach ich mir meine Brote und gehe ins Bett. Juchu! Ich werde offiziell zur Granny :)
So viel dazu! Bis bald!
Chloro